Geht das Cuxland unter?

Wetter gibt Rätsel auf - AWI: Anstieg des Meeresspiegels mit Deichschutz problemlos zu bewältigen

Das dunkle Blau bedeckt weite Teile der Weser- und Elbmündung. Nur der schmale Geestrücken von Nordholz über Midlum bis Drangstedt ragt heraus. Das Cuxland unter Wasser: Der britische Programmierer Alan Tingle zeigt in seiner Online-Simulation, was passiert, wenn der Klimawandel die Meere anschwellen lässt.

Zugegeben: So bald wird dieses Schreckensszenario nicht eintreten. Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung hat für einen Anstieg des Meeresspiegels um drei Meter 300 Jahre veranschlagt.
Vorausgesetzt, die Temperaturen klettern bis dahin nicht um mehr als drei Grad. Wer diesen Winter erlebt, ist sich dessen nicht mehr so sicher. Temperaturrekorde purzeln, ein Sturmtief jagt das nächste, in Hamburg blühen die ersten Kirschbäume - der Klimawandel ist in aller Munde.
Erst recht, nachdem Orkan Kyrill in der letzten Woche über Deutschland hinweggefegt ist. Klar ist, dass in den kommenden Jahrzehnten an der Nordseeküste mit steigendem Wasser zu rechnen ist. Wie hoch die Fluten sein werden, darüber aber sind sich die Experten nicht einig. Die Vereinten Nationen etwa gehen von einem Anstieg des Meerespiegels von 9 bis 88 Zentimetern bis 2100 aus, eine neue Studie des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung sagt für den gleichen Zeitraum um 50 bis 140 Zentimeter höhere Wasserstände voraus.
An der Küste warnt man vor Panikmache. Nach ernstzunehmenen Prognosen wird der Meeresspiegel in den nächsten 100 Jahren um maximal 70 Zentimeter ansteigen, meint Dr. Gert König-LangIo, Meteorologe am Alfred-Wegener-Institut (AWI) für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven. Ein Szenario, das mit Investitionen in den Deichschutz ohne Probleme bewältigt werden kann. „Das ist teuer für Deutschland, aber machbar", sagt der Wissenschaftler.

Investiert wird ohnehin ständig in den Küstenschutz. Gerade hat das Land Niedersachsen einen neuen Generalplan aufgestellt, wonach in den nächsten zehn Jahren rund 500 Millionen Euro in die Deiche gesteckt werden. Unter anderem wird der Weserdeich zwischen Dedesdorf und Bremen um einen Meter erhöht und an der Wurster Küste der „Wellenbrecher", das Deichvorland, mit Deckwerken aus Granit und Stein befestigt. „Was wir mit dem Generalplan umsetzen, reicht für die nächsten 50 Jahre", glaubt Herma Heyken vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), Wenn nicht, könne man rechtzeitig reagieren, sobald höhere Fluten auftreten.

Noch spürt die Küste wenig vom Klimawandel. „Wir haben bislang weder häufigere noch höhere Sturmfluten beobachtet", sagt Heyken. An den Pegelständen, die über Jahre auf Nordemey gemessen wurden, lasse sich genau ablesen, dass Sturmflut-Jahre in Zyklen aufträten. "Alle fünf bis sieben Jahre tritt ein Sturmflutjahr auf, und einen solchen Winter haben wir gerade", sagt die NLWKN-Sprecherin. Hermann Möhlmann, Wurster Oberdeichgräfe sieht das ähnlich. „Die Fluten sind höher geworden, und unsere Deiche sind in Ordnung", sagt er. Und der Klimawandel? Möhlmann winkt ab. „Bislang", sagt er, „gibt es keine festen Indikatoren, dass es zu solchen Horrorszenarien kommt."

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Quelle: Nordsee-Zeitung vom 23. Januar 2007, Fotomontage: Beate Ulich, www.nordseefoto.de, Grafik: Palinski